Karriereende einer AusnahmesportlerinTanja Ries: "Ich habe immer 200 Prozent gegeben"

Vor 25 Jahren begann Tanja Ries ihre mit Titeln dekorierte Karriere als
Leichtathletin. Jetzt, mit 33 Jahren, muss die Modellathletin aus
Lieblos allerdings einen Schlussstrich ziehen: Wegen einer schweren
Verletzung endet ihre Laufbahn in der Aktivenklasse.
Passiert ist es
bei den Deutschen Seniorenmeisterschaften 2005: Die Liebloserin
verletzte sich am Knie und nach einer Kernspindtomographie stand fest,
dass Meniskus und Kreuzband schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden,
die Bänder gezerrt sind und auch Kapselverletzungen vorliegen.
Eine
alptraumhafte Diagnose. Trotzdem sollte ein Eingriff am lädierten
Gelenk zunächst vermieden werden. Man setzte zunächst auf eine
konservative Behandlungsmethode: Um die stützende Muskulatur um das
Kniegelenk aufzubauen, wurden Krankengymnastik und Krafttraining
angeordnet. Aber ohne Erfolg! Am 14. November 2005 musste Tanja Ries in
Gelnhausen operiert werden.
"Jetzt, knapp acht Wochen später,
geht es mir ganz gut", kann Ries schon wieder lächeln. "Aber ich bin
nicht ganz schmerzfrei. Ich habe aber das Training zur Fitnesserhaltung
wieder aufgenommen. Mich nicht zu bewegen, das wäre für mich wie
sterben. Ich brauche die Bewegung." Auch deshalb will sich nicht
gänzlich aus der Leichtathletik-Szene verschwinden.
Nach ihrer Genesung
möchte sie in der Seniorenklasse (W 35) an den Start gehen und auch als
Nachwuchstrainerin beim TV Gelnhausen ist Tanja Ries sehr gefragt.
Der Titel der Deutschen Mehrkampfmeisterin mit neuem Deutschen Rekord
(2907 Punkte) in Berlin vergangen Jahres, geht als letzter großer
Erfolg in die persönliche Bilanz der Ausnahmesportlerin aus Gründau
ein: Es war ihr Titelhattrick.
Die Leistung ist um so höher
einzustufen, da die Konkurrenz bis zu 16 Jahre jünger war. Das spricht
für die Qualität der TVG-Athletin. "Ich kann jetzt ruhigen Gewissens
sagen, ich habe alles erreicht. Es war ein tolle Zeit. Die Gesundheit
geht vor, aber ich hätte schon gerne den Zeitpunkt selbst bestimmt. So
ganz höre ich ja auch nicht auf. Ich bin als Trainerin ganz nah an der
Leichtathletik dabei. Aber es fällt schon schwer."
Der Körper musste den unzähligen Schindereien beim Training, das sie
bis zu sechs Mal wöchentlich absolvierte, und den vielen Wettkämpfen
Tribut zollen. "Ich bin immer mit 200-prozentiger Einstellung auf
Wettkämpfe gegangen. Ich bin mit Erkältung gestartet und habe, wenn es
gar nicht anders ging, mich fit spritzen lassen. Wir haben das ganze
Programm durchgemacht", betont sie.
Wie viele Sympathien sich Tanja Ries mit dieser Einstellung erworben
hat, zeigte das Neujahrs-Sportfest vor einer Woche bei der LG Eintracht
Frankfurt. Die fast immer lächelnde Liebloserin war erstmals seit zehn
Jahren nicht als Aktive sondern nur als Zuschauerin dabei.
"Wenn die Leute sagen, was ist los, du gehörst doch dazu, dann kommt
schon etwas Wehmut auf und es tut weh", gesteht sie. Ihrer Familie und
dem langjährigen Trainer Helmut Merx sagt sie besonderen Dank. "Bei
Verletzungen war ich am Tiefpunkt. Da hat keiner an mich geglaubt. Aber
Trainer und Familie haben mir geholfen." Ohne sie wäre das alles so
nicht möglich gewesen.
Eine Vitrine, voll gepackt mit Pokalen, Urkunden und Medaillen,
erinnert an die glänzende Sportkarriere. Die wichtigsten Erinnerungen
dieser 25 Jahre aber trägt Tanja Ries in ihrem Gedächtnis. "Diese Zeit
hat mir Kraft gegeben. Ich habe tolle Städte und Stadien gesehen und
große Persönlichkeiten wie Heike Drechsler kennen gelernt. Auch wenn
ich auf vieles verzichten musste: Das was mir der Sport gegeben hat,
prägt fürs Leben."
Heute Abend steht die erfolgreiche Athletin bei der
Sportlerehrung der Gemeinde Gründau erneut im Rampenlicht.